Pandatage (von James Gould-Bourn)
Autor: James Gould-Bourn
Erschienen: 2020
Seiten: 384

Seit Liz bei einem Unfall gestorben ist, ist Dannys und Wills Leben kaputt. Danny vermisst seine Frau, versinkt in einer Depression und bekommt auch finanziell immer größere Probleme. Der zwölfjährige Will geht mit der Trauer um seine Mutter drastischer um: Seit dem tragischen Tag hat er kein Wort mehr gesprochen.
Als Danny auch noch seine Arbeit als Bauhelfer verliert und sein mafiöser Vermieter Reg ihm ganz konkret ans Leder will, stürzt er sich völlig unvorbereitet in die Straßenkunst. Verkleidet als Panda verlaufen seine ersten Tanzversuche desaströs, bis er Pole-Tänzerin Krystal begegnet. Sie nimmt sich seiner an und es geht bergauf. Und nach einer Rettungsaktion beginnt sogar Will mit dem vermeintlich fremden Panda zu sprechen.
Pandatage ist der Debütroman von James Gould-Bourn. Das Buch erschien am 02.05.2020 bei Kiepenheuer & Witsch und umfasst 384 Seiten. Für mein Rezensionsexemplar darf ich mich beim Verlag und NetGalley bedanken.
Danny und Will stecken in der Trauer um ihre Frau und Mutter Liz fest. Mit zunehmender Geschwindigkeit gerät ihr Leben außer Kontrolle. Danny versucht Will zwar vor den größten Problemen zu schützen, doch das gelingt ihm immer schlechter. Als ihr Vermieter den Druck drastisch erhöht und Danny auch noch seinen Job verliert, hat er eher zufällig eine Idee. Er will sich als Straßenkünstler versuchen. Schnell ist ein verschlissenes Pandakostüm gekauft, bleibt nur noch die Frage, was er in seiner neuen Rolle nun machen soll. Er versucht sich mit dem Tanzen, muss aber schnell feststellen, dass das eher nicht zu seinen Talenten gehört. Das ändert sich, als die Pole-Tänzerin Krystal auf ihn aufmerksam wird. Danny kann sie davon überzeugen, ihn das Tanzen zu lehren. Und als Will zufällig in genau dem Park, in dem Danny tanzt, von Mitschülern angegriffen wird und der Panda ihn rettet, spricht Will erstmals wieder. Allerdings ohne zu wissen, mit wem er da wirklich spricht.
Pandatage ist ein trauriges wie witziges Buch über den Trauerprozess. James Gould-Bourn baut eine ungewöhnliche Geschichte um seine sympathischen Charaktere. Insbesondere Danny trägt mit seinem trockenen, zynischen Humor ein ums andere Mal dazu bei, dass der Roman aufgehellt wird. Auch Krystal und Dannys bester Freund Ivan treiben die Situationskomik immer wieder voran. So entsteht eine teils zwar sehr traurige Geschichte, die aber regelmäßig zum Lachen einlädt. Eine gelungene Mischung, die das Buch sehr angenehm lesbar macht.
Die Geschichte selber grenzt an vielen Stellen ans komisch Absurde, lässt ernsthafte Themen dabei aber nicht vermissen. Gould-Bourn widmet sich neben dem Trauerprozess mit Will insbesondere auch dem Thema Mobbing in der Schule. Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, ob ich mit der Auflösung der Mobbinggeschichte glücklich bin – sie scheint mir etwas zu plakativ -, aber im Gesamtbild von Pandatage geht sie schon in Ordnung. Auch an anderen Stellen ist die Geschichte wohl nicht so ganz realitätsabdeckend – ich denke da beispielsweise an die reichen Straßenkünstler. Pandatage ist Fiktion, da dürfen solche Abweichungen erlaubt sein.
In jedem Fall ist James Gould-Bourn ein Mutmachbuch gelungen. Egal wie nahe seine Figuren dem Abgrund kommen, sie geben nie auf. Irgendwer behält immer die Hoffnung und richtet die anderen auf die eine oder andere Weise wieder auf. Insofern ist Pandatage auch ein sehr gefühl- und hoffnungsvolles Buch.
Gould-Bourn schreibt flüssig, die Geschichte liest sich wie von selbst. Sie ist in jeder Hinsicht liebevoll, das zu transportieren gelingt ihm wirklich schön. Obwohl keine Ego-Perspektiven zum Einsatz kommen, ist man beim Lesen sehr nah an den jeweiligen Protagonisten. Gould-Bourn erzählt die Handlungsstränge von Danny und Will getrennt, obwohl eine etwas härtere Trennlinie nur zu Beginn des Romans existiert. Das gelingt ihm gut, auch später, wenn die beiden Handlungen ineinander greifen.
Pandatage ist ein Mutmachbuch. James Gould-Bourn gelingt es sehr berührend, mit Tod und Trauer und Mobbing gleich zwei etwas schwierigere Themen zu bearbeiten. Und zwar in einer Art, die mich als Leser an keinem Punkt desillusioniert zurück ließ. Ein gelungenes Romandebüt.
Transparenzblock: Das Buch habe ich im über NetGalley als Rezensionsexemplar kostenfrei erhalten. Verpflichtungen (beispielsweise eine »wohlwollende« Rezension) sind damit, abgesehen von eben einer Rezension, nicht verbunden. Meine Meinung über das Buch, die ich hier kund tue, wird dadurch nicht beeinflusst.
Transparenzblock: Diese Rezension ist auch auf meinem Profil bei mojoreads (Werbung) erschienen. mojoreads versteht sich als social bookstore und beteiligt seine User am Erlös aus Buchverkäufen, die u.a. auf ihre Rezensionen zurückgehen. Wenn du das Buch kaufen willst, würdest du mir eine Freude machen, wenn du es über meine dortige Rezension (Werbung) kaufst. Bedankt 🙂
Vorab: Marianengraben (von Jasmin Schreiber)
Autor: Jasmin Schreiber
Erschienen: 2020
Seiten: 252

Paula ist unten – metaphorisch am Grund des Marianengrabens. Seit ihr kleiner Bruder Tim, den sie über alles liebte, im Urlaub verstorben ist, steckt sie in einer tiefen Depression. Von Schuldgefühlen geplagt, erdrückt sie die Trauer.
Doch dann trifft sie Helmut, einen schrulligen alten Mann. Aus einer komischen Begegnung heraus, begeben sie sich mit Judy, Helmuts Hündin, und weniger später Lutz, dem Huhn, auf einen Roadtrip der Trauerbewältigung. Langsam findet das ungewöhnliche Duo, jeder auf seine eigene Weise, wieder zu sich selbst zurück.
Marianengraben ist Jasmin Schreibers Debütroman. Das Buch umfasst 252 Seiten und wird am 28. Februar 2020 bei Eichborn, einem Imprint von Bastei Lübbe, erscheinen. Für mein Rezensionsexemplar darf ich mich bei Eichborn und Vorablesen bedanken.
Marianengraben war, so früh im Jahr, schon das Debüt, auf das ich mich in 2020 am meisten gefreut habe. Jasmin Schreiber kenne ich von Twitter, ich mag ihre Art, ich weiß, dass sie ein nicht ganz übliches Verhältnis zu Tod und Sterben hat. Sie engagiert sich schon lange ehrenamtlich als Sternenkind-Fotografin und ließ sich in der jüngeren Vergangenheit zur Sterbebegleiterin ausbilden – beides Tätigkeiten, für die man wohl ein nicht ganz übliches Verhältnis zu Tod und Sterben braucht. Ich habe, mit ganz anderem Hintergrund und in viel privaterer Weise, auch so ein nicht ganz übliches Verhältnis, also drängte sich mir das Buch gleich aus einer ganzen Reihe von Gründen auf. Ich nehme das mal vorweg: Ich habe sehr viel geweint, ich wurde also nicht enttäuscht.
Ungeachtet einer ganzen Reihe trauriger Stellen, bekommt Marianengraben aber durch die beiden Protagonisten eine sehr passende komische Seite. Sowohl Paula als auch Helmut können nicht so mit Menschen, sind dabei aber sehr direkt – sieh an, noch etwas, was mich mit dem Buch verbindet. Daraus ergeben sich zahlreiche komische Dialogszenen und Situationen. Einige davon, da möchte ich wetten, sind wohl autobiografisch angehaucht – ich denke beispielsweise an ein Gasthaus und Calamari und habe in Zukunft auch keinen Appetit mehr auf letztere. Der Wechsel zwischen Trauer und Komik lockert den Roman gekonnt genau auf das Maß auf, das er braucht, um richtig wirken zu können.
Der Fortschritt des Trauerprozesses wird, wenn ich das richtig verstanden habe, durch die Kapitelnummerierung unterstrichen. Mehrfach benutzt Schreiber das Bild, dass Paula, nachdem sie von Tod ihres Bruders erfahren hat, auf den Grund des Marianengrabens sank. Im Verlauf des Buches steigt sie mit Fortschreiten ihres Trauerprozesses zunehmend auf, entsprechend sinkt die Kapitelnummerierung (meistens).
Technisch ist Marianengraben ein sehr persönlicher Roman. Schreiber lässt Paula die Geschichte nacherzählen, unterbricht die Handlung um den Roadtrip immer wieder mit Retrospektiven, in denen in Erinnerungen versinkt und sich direkt an ihren Bruder Tim richtet. So tauchen die Lesenden tief in ihre Psyche und den Trauerprozess selber ein. Das ist oft ziemlich hart, am Ende scheint es mir aber immer eine heilende Wirkung zu haben. Gerade an diesen Stellen lässt Schreiber viel von ihrem Wissen über Depressionen und den Trauerprozess einfließen, so dass man auf den einen oder anderen Mechanismus einen neuen Blick bekommt. Nicht fehlen darf dabei eine ganze Kaskade biologischen Fachwissens. Paula ist wie Schreiber Biologin, beider Liebe zu Tiefsee und den Bergen ist nicht zu übersehen. Ebenfalls nicht fehlen darf der Seeräuberhund, der Judy ein paar sympathische Eigenheiten geliehen hat.
Mit Marianengraben ist Jasmin Schreiber ein hoffnungsvoller Roman zum eher schwierigen Thema Tod und Trauer gelungen, der sich gekonnt immer zwischen tieftraurig und urkomisch bewegt. Die Mischung macht das Buch zu einem wunderschönen, irgendwie geht man, der schwierigen Thematik zum Trotz, am Ende glücklich aus dem Buch. Und in mancher Hinsicht schlauer. Ein Debüt, das mich jetzt schon neugierig auf zukünftige Werke macht.
Transparenzblock: Das Buch habe ich im Rahmen einer Buchverlosung über Vorablesen als Vorabrezensionsexemplar kostenfrei erhalten. Verpflichtungen (beispielsweise eine »wohlwollende« Rezension), abgesehen von eben einer Rezension, habe ich dabei keine. Meine Meinung über das Buch, die ich hier kund tue, wird dadurch nicht beeinflusst.
Transparenzblock: Diese Rezension ist auch auf meinem Profil bei mojoreads (Werbung) erschienen. mojoreads versteht sich als social bookstore und beteiligt seine User am Erlös aus Buchverkäufen, die u.a. auf ihre Rezensionen zurückgehen. Wenn du das Buch kaufen willst, würdest du mir eine Freude machen, wenn du es über meine dortige Rezension (Werbung) kaufst. Bedankt 🙂
Kurzbio

Thomas liest, schreibt drüber, ist von der Menschheit im Allgemeinen genervt und schreibt auch mal da drüber.
Letzteres tut ihm jetzt schon Leid, ersteres nicht.
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