Asche und alter Zorn (von Elias Haller)
Autor: Elias Haller
Erschienen: 2016
Seiten: 400

Chemnitz. Unter den Teufelsbrücken wird eine übel zugerichtete Frauenleiche gefunden. Pikant daran: Es ergeben sich Parallelen zu einem recht erfolglosen Kinofilm eines lokalen Drehbuchautors. Viel Zeit vergeht nicht, da taucht die nächste Leiche auf. Der Autor gerät ins Visier der Mordkommission – und schon bald Mitglieder der Mordkommission in das des Serienmörders.
Asche und alter Zorn ist der vierte Band in Elias Hallers Reihe Erik Donner. Das Buch erschien 2016 im Selbstverlag und wird seit 2018 bei Edition M, einem Imprint von Amazon Publishing verlegt. Es umfasst 400 Seiten, die sich 71 Kapitel gliedern.
Asche und alter Zorn beginnt mit einer Retrospektive, die zunächst nicht einzuordnen ist. Haller hat sich dieser Vorgehensweise schon öfter bedient, auch in seinem vierten Band gibt es wieder Handlungsstränge in Gegenwart und Vergangenheit, die sich im Laufe des Buches aufeinander zu bewegen. Diesmal gelingt es ihm aus meiner Sicht am bisher besten, seine Lesenden dabei auf falsche Fährten zu führen. Die Kernhandlung wird geschickt erst ganz am Ende des Buches aufgelöst.
Auch sonst ist Asche und alter Zorn bis dahin für mich der gelungenste Band der Reihe. Die Kritikpunkte, die ich bisher hatte, hat Haller diesmal weitestgehend vermieden. Die Story ist rund, die Figuren bekommen viel Raum und insbesondere Erik Donner und Annegret Kolka bekommen ein gutes Stück mehr Tiefe. Die Rahmenhandlung um die Beziehung der beiden hat sehr viel Raum, so dass man beiden ein guten Stück näher kommt.
Zartbesaitet sollte man für Erik Donner nicht sein, das setzt sich auch in Asche und alter Zorn fort. Elias Haller schreibt an Schlüsselstellen immer wieder sehr explizit, das muss man aushalten können. Ansonsten wird man aber wohl kaum bis zu diesem vierten Teil gekommen sein.
Bisher vermied Haller es, Kernfiguren, die buchübergreifend eine größere Rolle spielten, umbringen zu lassen. Das hat sich mit Asche und alter Zorn geändert. Mit diesem Stilmittel konnte ich mich noch nie so ganz anfreunden, darum würde ich da Abzüge geben, wenn das nicht Geschmackssache wäre. Problematisch wird das für mich besonders, wenn die Figuren Löcher hinterlassen, die die restlichen oder neue Figuren nicht auffüllen. Ob das passieren wird, wird sich in den nachfolgenden Bänden zeigen.
Alles in allem ist Asche und alter Zorn der für mich bisher gelungenste Teil der Reihe um Erik Donner. Ein spannender, erneut abgründiger Kriminalthriller, der der Reihe auch in der Rahmenhandlung langsam Tiefe verleiht. Für Freunde blutigerer Literatur und ruppiger Figuren sicher eine Empfehlung.
Erik Donner
Rache und roter Schnee (von Elias Haller)
Autor: Elias Haller
Erschienen: 2015
Seiten: 394

Nach den traumatischen Erlebnissen um seinen Ex-Partner Jeff Balthasar möchte Kriminalhauptkommissar Erik Donner nur noch zurück zur Mordkommission. Doch die Chefetage schiebt ihn noch weiter aufs Abstellgleis. Unter dem Vorwand einer Chance soll er die Einsatzleitung beim Weihnachtsmarkt übernehmen. Ein potenziell unspektakulärer Job, der offenbar so wenig Qualifikation erfordert, dass man ihn sogar Donner zutraut.
Kaum in seinem Auftrag angekommen, überschlagen sich jedoch die Ereignisse. In einem Geschenkesack wird die übel zugerichtete Leiche eines Mannes auf dem Weihnachtsmarkt gefunden. Verdächtige gibt es viele, aber der Täter hinterlässt kaum Spuren. Donner und die Polizei tappen im Dunklen, da geschieht schon der nächste grauenhafte Mord. Und plötzlich ist auch die Polizei in großer Gefahr.
Rache und roter Schnee ist der zweite Teil in Elias Hallers Thrillerreihe Erik Donner. Das Buch erschien 2015 im Selbstverlag und wird seit 2018 bei Edition M, einem Imprint von Amazon Publishing, verlegt. Der Thriller umfasst 394 Seiten, die sich in 73 recht kurze Kapitel gliedern.
Der zweite Band der Reihe schließt kurze Zeit nach dem ersten an die Handlung an. Donner fristet weiter sein Dasein in der Polizeilichen Erstkontaktstelle. Der Chemnitzer Weihnachtsmarkt steht vor der Tür und Donner soll dort die Einsatzleitung übernehmen – ein Job, der ihm weder liegt noch gefällt. Ein weiterer Schritt auf dem Weg in die sprichwörtliche Besenkammer in irgendeinem Kellerarchiv. Doch der Weihnachtsmarkt verläuft ganz anders als erwartet. Ein Serienmörder arrangiert ein Opfer nach dem anderen, die Besucher sind in Angst, die Veranstaltung droht zur Katastrophe zu werden. Die Opfer stehen scheinbar in keinem Zusammenhang und der Täter geht sehr professionell vor. Und Donner kann den Fall natürlich nicht seinen Ex-Kollegen von der Mordkommission überlassen.
Rache und roter Schnee ähnelt im Aufbau dem ersten Band. Haller konstruiert einen erneut einen verworrenen Fall, Spannung ist vorprogrammiert. Neben der Haupthandlung in der Gegenwart springt er in regelmäßigen Abständen in die Vergangenheit, wo die Kindheit des Täters erzählt wird – jedoch ohne die Identität des Täters dabei zu enthüllen. Einmal mehr führt er seine Lesenden dabei in tiefe Abgründe der Menschen. Vorhersehbar wird der Thriller bis zum großen Finale – das wirklich ein rasantes ist – nicht. Mit Nebenhandlungen lenkt Haller den Blick immer wieder in Sackgassen.
Analog zum ersten und siebten Band komme ich auch bei Rache und roter Schnee nicht umher, Kritik zu üben. Das einseitige Lokalkolorit lasse ich hier mal außen vor, dazu habe ich eigentlich genug gesagt. Was mir in diesem Band noch ein wenig saurer aufgestoßen hat, ist diskriminierende Sprache. Haller schreibt den Thriller aus der Sicht einer Art allwissendem Erzähler, streut aber auch direkte Gedanken der jeweils handelnden Figuren ein. Die sind zumeist kursiv gesetzt und so klar erkennbar. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das tatsächlich auf alle Gedanken zutrifft, gehe aber aufgrund der Textauszeichnung davon aus. Das Problem dabei ist, der allwissende Erzähler übernimmt die diskriminierende Sprache mancher Figuren. So bezeichnet Donner einen körperlich Behinderten beispielsweise als »Quasimodo« oder spricht abfällig über einen scheinbar geistig Behinderten. Das finde ich nicht gut, weil ich diskriminierende Sprache grundsätzlich nicht gut finde, allerdings kann ich hier akzeptieren, dass es eben der Charakter ist, der in dieser Hinsicht unsympathisch ist. Das ist für mich insoweit in Ordnung, als dass es nun mal einen Teil der Realität spiegelt, die mir zwar nicht gefällt, die zweifellos aber realitätsabbildend ist. Lange Rede, kurzer Sinn, das ist quasi das, was mir hinsichtlich rechter Alltäglichkeiten fehlt.
Problematisch wird es für mich aber, wenn der Erzähler die Diskriminierungen übernimmt. Der körperlich Behinderte wird beispielsweise auch vom Erzähler mehrfach »Quasimodo« genannt. In dem Fall fällt es mir schwer, die Diskriminierung noch einer fiktiven Figur zuzuschreiben, sie fällt stattdessen auf den Autor zurück. Das kann zwar auch die Realität wiederspiegeln, allerdings auf ungewollte Weise, weil sich der Autor dann entweder verplappert hat oder den Fehler nicht mal bemerkt – beides gleichermaßen problematisch. An der Stelle wird diskriminierende Sprache legitimiert und das möchte ich wirklich nicht.
Eine Randnotiz bleibt da fast die in der Übersetzung verharmlosende Verwendung des Wortes »Pädophilie« für eindeutig pädosexuelle Kriminalität. Allerdings ist die Debatte um die Begrifflichkeiten schon alt und leider im offiziellen Sprachgebrauch bis heute nicht geregelt. Da muss ich das wohl hinnehmen.
Das war nun viel Kritik, die soll aber nicht darüber wegtäuschen, dass Rache und roter Schnee ohne Augenmerk auf diese sprachlichen Geschichten wieder ein sehr unterhaltsamer Thriller ist. Da ich, was sprachliche Spitzfindigkeiten angeht, sicher eine niedrigere Frustrationsschwelle als die Masse habe, wird das Buch wohl von der Handlung her allgemein eher gefallen. Denn Thriller schreiben kann Haller, das beweist er hier erneut. Die Handlung ist gut konzipiert und umgesetzt, die Charaktere, insbesondere die bekannten, mit ihren Problemchen und Schrullen weitgehend sympathisch. Rache und roter Schnee hat aus dem Blickwinkel des Unterhaltungswerts alles, was ein guter Thriller braucht.
Insofern werden wohl auch alle Freunde Erik Donners und viele Thrillerliebhaber ein spannendes Buch an die Hand bekommen. Wer mit expliziten Tatbeschreibungen oder allgemein Kindesmissbrauch, Vergewaltigung, Folter u.ä. nicht so gut klar kommt, sollte aber die Finger von dem Buch lassen. Aber Teile davon treffen wahrscheinlich sowieso auf jeden Donner zu.
Erik Donner
Tod und tiefer Fall (von Elias Haller)
Autor: Elias Haller
Erschienen: 2015
Seiten: 348

Kriminalhauptkommissar Erik Donner ist am Tiefpunkt seines Lebens angekommen. Seine Tochter ist tot, seine Frau verschwunden. Beruflich ist er aus der Mordkommission aufs Abstellgleis ›befördert‹ worden. Zudem stürzte er bei der Verfolgung seines ehemaligen Partners vom Dach und ist nun schwer entstellt. Kurzum, Erik Donner ist am Ende.
Da erhält er plötzlich Nachrichten, die es nicht geben dürfte. Jeff, der ehemalige Partner, scheint Rache an ihm nehmen zu wollen. Doch das ist unmöglich – Jeff starb an jenem schicksalhaften Tag auf dem Dach. Nun aber mordet er scheinbar auf grauenvollste Weise und kommt Donners Umfeld dabei immer näher.
Tod und tiefer Fall ist der erste Band in Elias Hallers Reihe um den sächsischen Kriminalhauptkommissar Erik Donner. Der Thriller erschien 2015 im Selbstverlag und wird seit 2018, wie der Rest der Reihe, bei Edition M, einem Imprint von Amazon Publishing, verlegt. Das Buch umfasst 348 Seiten, die sich in 70 recht kurze Kapitel gliedern.
Ich möchte positiv beginnen: Tod und tiefer Fall ist technisch und inhaltlich ein toller Thriller. Elias Haller gelingt es problemlos, die Spannung über das gesamte Buch hinweg aufrecht zu erhalten. Der Ausgang der Geschichte ist sehr lange nicht vorhersehbar und sie ist verdreht genug ausgearbeitet, um zu fesseln. Dazu tragen sicherlich die Figuren ihren Teil bei, die wohl als kauzigste Polizeidirektion des Landes in die Annalen eingehen könnten. Unsympathisch werden sie dadurch nicht, sie sind auf eine angenehme Weise kauzig.
Das Buch spielt, so meine ich anhand der Handlungsorte kombiniert zu haben, in Chemnitz. Das ist nun nicht das leichteste Pflaster für Lokalkolorit, jedenfalls will man die lokale Grundstimmung vollständig wiedergeben. So fällt auf, allerdings in wesentlich geringerem Maße, was ich schon in meiner Rezension zu Tod und kein Erbarmen bemängelte: Es gibt eine Diskrepanz zwischen positivem und negativem Lokalkolorit – negatives fehlt weitestgehend. Das betrifft insbesondere das rechte Grundrauschen in weiten Teilen der sächsischen Gesellschaft. Das ist schade, denn Ignorieren – und sei es nur in der Unterhaltungsliteratur – hilft da auch wenig. Es geht allerdings schlimmer, dazu werde ich in meiner Rezension zu Rache und roter Schnee kommen.
Wer Regionalliteratur alleine unter Unterhaltungsgesichtspunkten liest, wird sich daran nicht stören. Unterhaltsam und spannend ist Tod und tiefer Fall allemal. Dafür sorgt auch Hallers Wissen aus dem Arbeitsalltag eines Polizisten. Auch wenn Fall und Figuren fiktional sind, gewisse Abläufe entsprechen der Realität und verleihen der Handlung Authentizität. Daneben tragen die vielen recht kurzen Kapitel zu einem gewissen Tempo bei, das der Spannung sehr zuträglich ist. Und der eine oder andere Cliffhanger steuert seinen Teil dazu bei. Als Auftakt der Reihe macht der Thriller einen guten Job, durch die Rahmenhandlung um Erik Donner wird auf jeden Fall Lust auf mehr geweckt.
Tod und tiefer Fall ist ein spannender Regionalthriller mit leichten Abzügen in der B-Note. Unter Unterhaltungsgesichtspunkten aber in jedem Fall eine Empfehlung. Es tut aber nicht weh, die eine oder andere Stelle kritisch zu lesen.
Erik Donner
Tod und kein Erbarmen (von Elias Haller)
Autor: Elias Haller
Erschienen: 2019
Seiten: 383

Am Tiefpunkt seines Lebens angekommen, reist Kommissar Erik Donner ins ländliche Pöhla im tiefsten Erzgebirge. In der Dorfkneipe muss er feststellen, dass sein Ruf ihm deutlich weiter voraus eilt, als er dachte. Er wollte eigentlich nur in Ruhe seinen Frust ertränken, doch als er das fast geschafft hat, tritt Linda Groß an ihn heran. Ihre damals achtjährige Cousine Violetta verschwand vor zehn Jahren auf dem Schulweg, zahlreiche Theorien machen seither die Runde im Dorf. Linda hat nie aufgegeben, Violetta zu suchen. Donner ist sichtlich in der falschen Lage, um sich einem Fall zu widmen, so kommt es zum Streit. Als er am nächsten Morgen erwacht, ist sein Leben auf den Kopf gestellt. Linda ist tot, sein Zimmer ein blutiges Schlachtfeld und seine Erinnerungen an die Nacht begrenzt. Donner gerät schnell unter Tatverdacht und mehr und mehr wird klar, dass jemand im Dorf ein schlimmes Geheimnis hütet und dafür zu allem bereit ist.
Tod und kein Erbarmen ist der siebte Teil in Elias Hallers Reihe Erik Donner. Der Thriller umfasst 383 Seiten und erschien 2019 bei Edition M, einem Imprint von Amazon Publishing.
Ein Wort vorweg: Tod und kein Erbarmen ist meine erste Begegnung mit Hallers Kommissar Erik Donner. Eigentlich steige ich ungern mittendrin in Reihen ein, aber nun ist es dank NetGalley eben mal wieder passiert. Wenn mir also Vorwissen aus den übrigen Bänden fehlt, möge man mir das verzeihen. Die Reihe ist schon auf meinem Lesestapel gelandet, ich hole das also nach.
Vor zehn Jahren verschwand die achtjährige Violetta Hartwig auf dem Weg zur Schule, seitdem ist ihn Pöhla nichts mehr wie zuvor. Pöhla ist ein typisches Dorf im Erzgebirge – und ein reales. Eine lange Bergmannstradition mit folgender Abgehängtheit prägen das Dorf. Die Bewohner sind ein verschworener Haufen, verbunden in Traditionen und der glorifizierten Vergangenheit. Jeder hat seine eigenen dunklen Geheimnisse und man akzeptiert das. Das Verschwinden von Violetta und die darauf recht schlampig folgenden Ermittlungen haben die Ruhe gestört. Der damalige Bürgermeister verlor sein Amt, durch unterschiedlichste Theorien über Violettas Schicksal haftete nun diversen Bewohnern der Verdacht an. Nach einiger Zeit arrangierte man sich mit dem Schicksal und das Leben im Dorf ging weiter – bis Linda Groß, die die Suche nach ihrer Cousine nie aufgeben konnte, nun Hinweise bekommt, die belegen sollen, dass Violetta noch lebt.
Mitten in diesem Schmelztiegel taucht Kommissar Erik Donner auf der Bildfläche auf und gerät ohne eigenes Zutun direkt tief in ihn hinein. Elias Haller überlässt ihm aber keineswegs die uneingeschränkte Hauptrolle, wie man es vielleicht erwarten sollte, ist die Reihe doch nach Donner benannt. Als Donners Kampf gegen den Tatverdacht beginnt, tauchen schnell Kollegen auf, von denen insbesondere Sokrates Vogel, der wirklich beeindruckend kauzige Cold-Cases-Kommissar, und seine neue Kollegin Lia Winter hervorstechen. Insgesamt bin ich ein bisschen beeindruckt, wie viele von Donners Kollegen sind das Prädikat kauzig ans Revers heften dürfen. Das mag nicht unbedingt realistisch sein, aber Fiktion darf das und es gelingt Haller auch wirklich gut, die Figuren trotzdem ganz unterschiedlich zu gestalten.
Überhaupt gefallen mir die Figuren wirklich gut und das ist ein Hauptgrund, warum Tod und kein Erbarmen nicht mein letzter Donner bleiben wird. Alle sind auf eine gewisse Weise mal mehr mal weniger kaputt, werden dabei allerdings nicht unsympathisch. Besonders an Vogel kann man das gut beobachten, denn sein Start lässt ihn wirklich unsympathisch dastehen. Dann jedoch kommt schnell sein zynischer Humor zum Tragen und wenig später beginnt man zu merken, dass sich in dem alten und kranken Kommissar doch ein sehr korrekter Mensch verbirgt.
Elias Haller würzt seinen Thriller mit einer guten Portion Lokalkolorit. Damit hatte ich über weite Teile des Buches kleine Probleme, weil zwar Traditionen und Heimatverbundenheit klar durchscheinen, Nationalismus und Rassismus, die in einem Dorf im tiefsten Erzgebirge – in Schwarzenberg wählten bei der letzten Landtagswahl immerhin 33,6% die AfD und 31,9% die gar nicht so christliche sächsische CDU – zweifellos im Alltäglichen zu finden sein müssten, nicht stattfinden. Ich kam schon an den Punkt, das so typisch für den sächsischen Umgang mit dem Problem zu finden. Gegen Ende des Buches spricht Haller dann jedoch auch den Rassismus an und seine Widersinnigkeit sogar recht deutlich. Das versöhnt mich zwar ein bisschen, aber genug ist mir das eigentlich nicht.
Während mich Hallers Sprache begeistert – das Buch ist rund geschrieben, sprachlich weder zu einfach noch zu komplex – lässt mich der verlegerische Anteil etwas ratlos zurück. Ich weiß nicht, ob das auch die Printausgabe betrifft, aber im Ebook finden sich mir unerklärbare sprachliche Fehler. Nicht sehr viele, aber dafür solche, die untypisch auffällig sind. Mich erinnerte das an die urheberrechtsfreien Klassiker, die Amazon mal vor Jahren kostenlos aufgelegt hatte. Die strotzten vor sprachlichen Fehlern, wo offenbar die OCR-Heuristik beim Scan versagt hatte. Sowas wie »Vor Langem Zeit«. Solche Fehler gibt es in Tod und kein Erbarmen auch und es sind nach meiner oberflächlichen Lektüre die einzigen Fehler, die die Schlusskorrektur überstanden haben. Das wundert und ärgert mich, weil sie eigentlich so auffällig sind, dass das nicht passieren sollte. Es waren vielleicht zehn über das ganze Buch, aber das sind bei der sprachlichen Qualität immer noch mindestens neun zu viel. Allerdings ist das nun wirklich äußerst individuell und kaum Haller anzulasten, also lasse ich das ebenso wenig in meine Bewertung einfließen, wie dass ich mir extra einen Kindle kaufen musste, um das von NetGalley bereitgestellte Ebook überhaupt lesen zu können (NetGalleys Amazon-Ebooks werden von Amazon als Docs eingeordnet und die lassen sich ausschließlich mit einem Kindle oder den Kindle-Apps für Mobilgeräte lesen. Hätte man wissen können, wenn man vorher die FAQs gelesen hätte, aber wer erwartet schon sowas?).
Um aber wieder mit etwas Positivem abzuschließen, ein Wort zur Story. Denn die ist erfreulich komplex, so dass ich zwar immer wieder Ahnungen bekam, wie die Geschichte nun aufgelöst werden könnte (vulgo: wer der Täter ist), die wurden aber auch schnell wieder zerstreut. Haller baut um das vergangene und aktuelle Geschehen im Dorf einen vielschichtigen Thriller, der bis zum Ende nicht leicht vorherzusehen ist. Das freut mich, denn das macht für mich gute Reihen aus – neben der Ausarbeitung der Figuren.
In diesem Sinne hatte ich viel Freude mit Tod und kein Erbarmen, der Aufwand, sich extra einen Kindle zu kaufen, hat sich also gelohnt. Wer etwas komplexere Thriller mit Lokalkolorit und durchweg schrulligen Protagonisten mag, wird mit dem Buch auf jeden Fall glücklich.
Erik Donner
Transparenzblock: Das Buch habe ich im über NetGalley als Rezensionsexemplar kostenfrei erhalten. Verpflichtungen (beispielsweise eine »wohlwollende« Rezension) sind damit, abgesehen von eben einer Rezension, nicht verbunden. Meine Meinung über das Buch, die ich hier kund tue, wird dadurch nicht beeinflusst.
Lunapark (von Volker Kutscher)
Autor: Volker Kutscher
Erschienen: 2016
Seiten: 556

Berlin, Sommer 1934. Ein SA-Mann wird brutal ermordet. Aus dem Fall wird sofort einer für die Gestapo. Deren Sonderkommission, der Gereon Rath zugeteilt und die von seinem ehemaligen Partner Reinhold Gräf geleitet wird, sieht die Täter in einer kommunistischen Untergrundgruppe. Es bleibt nicht bei dem einen Mord, weitere SA-Männer folgen. Rath erkennt in der Opferwahl Zusammenhänge zum früheren Ringervereinsmilieu, doch die Gestapo will davon nichts wissen. Einmal mehr ermittelt Rath auf eigene Faust und begibt sich damit nicht nur seitens der Gestapo in gefährliches Fahrwasser, auch Doktor Marlow, der frühere Untergrundkönig Berlins, tritt wieder in sein Leben.
Lunapark ist der sechste Fall in Volker Kutschers Zyklus Gereon Rath. Das Buch erschien 2016 bei Kiepenheuer & Witsch. Es umfasst insgesamt 97 recht kurze Kapitel auf 556 Seiten.
Lunapark spielt zwischen Mai und August 1934, historisch also ab Goebbels‘ sog. ›Aktion gegen Miesmacher und Kritikaster‹ bis zum Tode Hindenburgs und der damit bevorstehenden Vereinigung der obersten Staatsämter in Adolf Hitler. In den Zeitraum fallen die Säuberungsaktion gegen die SA – verklärt als ›Nacht der langen Messer‹ – und die Marburger Rede Franz von Papens. Sämtliche Ereignisse finden Raum in der Handlung, die Säuberungsaktion gegen die SA sogar erheblichen. Kutscher folgt damit seiner Strategie, die fiktive Handlung so stark wie möglich in die realhistorische Entwicklung einzubetten.
Wie schon Märzgefallene simuliert auch Lunapark den zunehmenden Druck innerhalb der Gesellschaft erschreckend gut. Die Bruchstelle, die sich speziell innerhalb der Familie Rath bildet, wird größer. Gereon ist nach wie vor politisch weitgehend gleichgültig, solange die Auswirkungen der Politik nicht polizeilich relevant werden. Und auch da kommt es ein Stück weit immer noch drauf an, wen es trifft. Die Kommunisten beispielsweise seien ja auch keine Kinder von Traurigkeit. Die Juden scheint er weitgehend auszublenden. Charly hingegen kann sich weiterhin nicht mit dem neuen Deutschland arrangieren. Ihre Anwärterschaft bei der Kriminalpolizei hat sie gekündigt und ihr Rechtsreferendariat bei ihrem Studienfreund Guido wieder aufgenommen. In diesem Zuge lernt sie das neue Deutschland am eigenen Leib kennen. Zuhause bleiben die Probleme mit Gereons Gleichgültigkeit. Und dann ist da noch Fritze, der Pflegesohn der beiden, der zunehmend Sympathien zur HJ entwickelt. Konfliktpotenzial ist also zur Genüge vorhanden und es tut auch diesem Band gut, dass sich die familiären Konflikte nicht mehr auf ständige Streitereien zwischen Charly und Gereon beschränken.
Kriminalistisch ist der Raths sechster Fall wieder ein komplexes Schmankerl. Wie schon in Märzgefallene ermittelt Rath an der Gestapo vorbei, die die Taten erneut rein politisch verortet sieht. Das Eis wird für ihn dabei jedoch erheblich dünner, denn sein Ermittlungsansatz führt ihn in kriminelle Kreise innerhalb der SA, die mittlerweile ebenfalls polizeiliche Aufgaben erfüllt und als Parteiorgan in der politischen Gunst grundsätzlich über der Kriminalpolizei steht. Zudem tritt Dr. Marlow wieder auf den Plan und spannt Rath für seine Zwecke ein. All das trägt nicht dazu bei, dass Rath in einer Form unter dem Radar von Politik und Vorgesetzten bleibt, in der es bei den herrschenden Verhältnissen gesund wäre. Erwähnenswert ist möglicherweise, dass Lunapark hinsichtlich expliziter Sprache etwas grausamer als seine Vorgänger ist.
Empfehlen möchte ich Lunapark allemal. Als Teil der Reihe sowieso, aber auch für sich stehend. Kutscher hält sein mittlerweile erreichtes Niveau, das Buch vermittelt, wie schon seine Vorgänger, tiefe Einblicke in die gesellschaftlichen Entwicklungen des frühen Dritten Reiches. Der Fall ist spannend und komplex. Einfache Unterhaltung ist auch dieser Band nicht.
Gereon Rath
Transparenzblock: Diese Rezension ist auch auf meinem Profil bei mojoreads (Werbung) erschienen. mojoreads versteht sich als social bookstore und beteiligt seine User am Erlös aus Buchverkäufen, die u.a. auf ihre Rezensionen zurückgehen. Wenn du das Buch kaufen willst, würdest du mir eine Freude machen, wenn du es über meine dortige Rezension (Werbung) kaufst. Bedankt 🙂
Kurzbio

Thomas liest, schreibt drüber, ist von der Menschheit im Allgemeinen genervt und schreibt auch mal da drüber.
Letzteres tut ihm jetzt schon Leid, ersteres nicht.
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