Lesedauer3 Min, 54 Sek
Titel: Leid und letzter Tag
Autor*in: Elias Haller
Verlag: Edition M
Erschienen: 30.10.2018
Seiten: 492

Der Spielmann spielt ein mörderisches Spiel mit Erik Donner und dem K11. Der rasanteste Teil der Reihe, aber auch wieder einer mit sprachlichen Kritikpunkten.

Frontcover

Während auf dem Chemnitzer Marktplatz ein vermeintlich Verrückter, der nach eigener Aussage dazu gezwungen wird, der Kriminalpolizei einen Koffer zu übergeben, von der Polizei umstellt wird, findet Erik Donner im Schlafzimmer seiner fast schon aufgegebenen Wohnung eine übel zugerichtete Drogenabhängige, der ein Handy in die Bauchhöhle operiert wurde. Schnell steht fest, beide Vorgänge stehen in Zusammenhang und es gibt eine Verbindung in die Vergangenheit von Franz Donner, Eriks Vater: Der Spielmann ist wieder da und sein Spiel mit der Mordkommission hat bereits begonnen.

Leid und letzter Tag ist der sechste Band in Elias Hallers Reihe um den ruppigen Kriminalhauptkommissar Erik Donner. Der Kriminalthriller erschien 2018 bei Edition M, einem Imprint von Amazon Publishing. Er umfasst 392 Seiten, die sich in 72 Kapitel gliedern.

Erik Donners sechster Fall ist einmal mehr eine Reise in die Vergangenheit diesmal in die seines Vaters Franz, dem pensionierten Leiter des K11. Vor vielen Jahren spielte der Spielmann sein perfides Spiel mit der Mordkommission, die konnte ihn unter Franz Donners Führung zwar festnehmen, trotzdem ließ ihn der Fall nie los. Er schien nicht endgültig aufgeklärt und so kehrt der Spielmann nun offenbar aus der Haft zurück und setzt sein Spiel fort.

Wie schon in den bisherigen Bänden erzählt Elias Haller auch in Leid und letzter Tag die Handlung wieder aus Gegenwart und tiefer Vergangenheit. Die Stränge bewegen sich über das Buch aufeinander zu, allerdings wieder in einem Maße, das kaum vorzeitige Rückschlüsse auf die Gesamtzusammenhänge zulässt. Haller versteht es hervorragend, die endgültige Auflösung bis zum Ende hinaus zu zögern, auch wenn er im Vorfeld schon beträchtliche Informationen liefern muss in diesem Fall beispielsweise die Identität des Spielmanns.

Bemerkenswert ist auch die Spannungskurve, die im Prinzip gar keine Kurve, sondern eine recht beständige Gerade auf Spitzenniveau ist. Es gibt quasi keine Pausen, jede Spannungsspitze geht fast nahtlos in die nächste über und das über das gesamte Buch hinweg. Insofern fiel es mir auch wirklich schwer, das Lesen zu unterbrechen.

Wie ebenfalls schon im fünften Band tut es der Geschichte auch in Leid und letzter Tag wieder sehr gut, dass ein größerer Fokus auf der Rahmenhandlung der Reihe liegt. Man erfährt viel aus der Vergangenheit Franz Donners, ebenso bekommt Eriks und Annes Beziehung wieder viel Raum. Das große Ganze der Reihe beansprucht dadurch seinen verdienten Platz, die Figuren werden nahbarer.

Leider muss ich auch in diesem Band wieder Hallers Verwendung von diskriminierender Sprache kritisieren und nachdem ich nun für mich am vorzeitigen Schluss der Reihe angekommen bin, sehe ich mich ein wenig in meiner damaligen Kritik an Tod und kein Erbarmen bestätigt. Übergreifend betrachtet liegt dieser Kritik ein Auf und Ab zugrunde. Im Falle von Leid und letzter Tag ist es wieder ein Ab. Ohne große Not reproduziert Haller das N-Wort nur drei Mal und nur in einer Szene, aber da ist es nunmal. Es gibt eine implizite Einordnung, aber die ist leider einmal mehr allerhöchstens halbherzig. Mir will nicht in den Kopf, warum man nach all den Diskussionen, die in der Literaturcommunity gerade um dieses Wort geführt wurden man denke nur an die Pippi-Langstrumpf-Reihe , es im Jahre 2018 immer noch benutzen muss. Da geht mir leider sofort die Hutschnur.

Ein weiteres wiederkehrendes Schlachtfeld betrifft den Lokalkolorit. Kritik am Ausblenden des rechten Grundrauschens im Erzgebirge hatte ich bereits bei anderen Bänden geübt, ich will sie hier auch nicht zu hoch hängen, weil sie in Tod und kein Erbarmen deutlich angebrachter ist. Aber zu dieser Kritik gehört auch, dass in Leid und letzter Tag zwar Ausschreitungen von Anhängern von Lok Leipzig eine Rolle spielen, tunlichst aber kein Wort darüber fällt, dass gerade im Fall der Anhängerschaft dieses Vereins durchaus eine politische Dimension nahe liegt. Lok gehört nunmal zu den Vereinen, deren Fanszenen auf der politischen Skala am rechten Rand dominiert sind. Das kann man ausblenden, in Regionalliteratur gehört das für mich aber halt zum Lokalkolorit und den darf man durchaus auch da, wo er unsympathisch ist, als solches benennen. Das hat etwas mit Haltung zu tun.

Letzten Endes bin ich ein bisschen froh, mit der Reihe nun soweit durch zu sein. Ich mag Hallers Art, Charaktere auszuarbeiten, genauso die Komplexität seiner Fälle. Aber diskriminierende Sprache und die offensichtliche Rosinenpickerei beim Lokalkolorit trüben mein Leseerlebnis regelmäßig gewaltig. Wer darüber hinweg sehen kann gemessen an den Bewertungen der Reihe ist das der überwiegende Teil der Lesenden bekommt mit Leid und letzter Tag aber wieder einen rasanten Kriminalthriller, wohl den rasantesten der Reihe.