Seit 1937 hat der Londoner Stadtteil Brixton ein Freibad. Ihr ganzes Leben ist Rosemary jeden Tag dort schwimmen gewesen. Das Freibad ist der rote Faden in ihrem langen Leben. Doch Brixton verändert sich und nun soll das Freibad abgestoßen und in eine Fitnessanlage für Luxusmieter*innen umgebaut werden.
Die junge Journalistin Kate arbeitet für die Brixtoner Lokalzeitung, trotzdem ist sie nie richtig in Brixton angekommen. Als sie Rosemary wegen ihrer Kampagne gegen die Schließung des Freibads interviewen soll, ändert sich ihr Leben von Grund auf.
Libby Pages Debütroman Im Freibad erscheint am 31. Mai 2019 bei Ullstein. Die Geschichte umfasst 376 Seiten, aufgeteilt in 77 meist kurze Kapitel. Sie ist fiktiv, wenn auch durch die Realität beeinflusst. Das Buch habe ich über Vorablesen von Ullstein bekommen, dafür möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken.
Im Freibad widmet sich dem Thema Gentrifizierung im, in dieser Hinsicht wohl meist beschriebendsten, Londoner Bezirk Brixton. Das Freibad, eine Institution im Bezirk, soll wegen mangelnder Rentabilität an einen Anbieter für Luxusimmobilien verkauft werden. Im sich verändernden Brixton ging es schon vielen Gebäuden und Geschäften ähnlich. Dagegen wendet sich die 86-jährige Rosemary, deren ganzes Leben mit dem Freibad verbunden ist.
Auf diesem Wege lernt sie Kate kennen. Die junge Journalistin arbeitet beim Brixton Chronicle und soll sie interviewen, sieht sich aber schnell angesteckt vom Feuer der alten Dame. Kate hat Panikattacken, seit sie nach Brixton gezogen ist, so lebt sie abgeschottet zwischen ihrem Schreibtisch in der Redaktion und ihrem Zimmer in der 4er-Zweck-WG. Der Artikel über den Protest gegen die Schließung des Freibads ist der erste richtige Artikel, den sie bekommt. Gemeinsam mit Rosemary versucht sie das Freibad zu retten und wächst dabei immer mehr aus ihren Problemen heraus. Zwischen den beiden Frauen entwickelt sich eine tiefe Freundschaft.
Was schnell auffällt und das Buch auch in nicht unerheblichem Maße ausmacht, ist Libby Pages Liebe zu allem, worüber sie schreibt. Seien es die Charaktere – und zwar alle –, seien es die Straßen von Brixton. Page beschreibt alles mit so viel Liebe und Tiefe, ich hätte die Geschichte für auto- oder wenigstens biografisch gehalten. Ich lese viele Thriller, da beschwere ich mich oft, wenn Autor*innen die Spannung durch ausschweifende Szeneriebeschreibungen brechen. Das ist hier ganz anders. Die Geschichte wird ein Stück weit getragen von den Beschreibungen. Man schlendert mit Page durch Brixton und bekommt einen starken Eindruck davon, was es hier zu retten gilt und wo es schon verloren wurde. Ein wichtiger Aspekt für das Buch und, jedenfalls aus meiner Sicht, kein bisschen störend. Das Thema bedeutet ihr etwas, das wird ohne Zweifel deutlich. Ein ganz tolles wiederkehrendes Element ist der Stadtfuchs, mit dem die Lesenden auf der Suche nach Futter durch die Straßen ziehen dürfen.
Im Freibad ist auch ein Buch, das Mut macht. Mut, sich den Mitmenschen zu öffnen und sich zusammen zu schließen, um gemeinsam etwas zu erreichen. Das Thema Gentrifizierung ist in vielen Städten hochaktuell, da setzt Page ein Zeichen. Aber auch im Hinblick auf die persönliche Entwicklung macht es Mut. Sowohl Kate als auch Rosemary und viele andere Bewohner*innen Brixtons haben alle ihre ganz eigenen mal mehr mal weniger schwerwiegenden Probleme, doch gemeinsam bewältigen sie sie – jede*r auf die eigene Weise.
Vor allem ist Im Freibad aber eine wunderschöne Geschichte über mindestens eine ganz besondere Freundschaft. Und die darf man in allen Phasen sehr intensiv miterleben. Nicht selten gibt das Buch Grund zum Weinen, eher selten aber aus Traurigkeit. Wenngleich man an einigen Stellen die Verzweiflung intensiv miterlebt.
Ich hätte mir, wenn ich ehrlich bin, das Ende ein bisschen anders gewünscht, andererseits ist es aber auch sehr stimmig und musste wohl irgendwie so kommen. Das Buch wird dadurch nicht weniger schön und verliert auch nicht an Wirkkraft, das ist eigentlich das Wichtigste.
Für Im Freibad gibt es von mir eine klare Empfehlung. Das Buch ist in wirklich jeder Hinsicht schön und ein Mutmacher. Ohne Vorablesen wäre ich wahrscheinlich nie auf es aufmerksam geworden, weil es doch eher den Eindruck von ›Frauenlektüre‹ macht – den muss ich korrigieren. Es lohnt sich.
Transparenzblock: Das Buch habe ich im Rahmen einer Buchverlosung über Vorablesen als Vorabrezensionsexemplar kostenfrei erhalten. Verpflichtungen (beispielsweise eine »wohlwollende« Rezension), abgesehen von eben einer Rezension, habe ich dabei keine. Meine Meinung über das Buch, die ich hier kund tue, wird dadurch nicht beeinflusst.
Transparenzblock: Diese Rezension ist auch auf meinem Profil bei yourbook.shop (Werbung) erschienen. yourbook.shop versteht sich als social bookstore und beteiligt seine User am Erlös aus Buchverkäufen, die u.a. auf ihre Rezensionen zurückgehen. Wenn du das Buch kaufen willst, würdest du mir eine Freude machen, wenn du es über meine dortige Rezension (Werbung) kaufst. Bedankt 🙂